Apple zensiert politische Karikaturen – mal wieder
Von Bernd Kling am 16. April 2010 2 Kommentare
Wenn auf eines Verlass ist, dann auf Apples Zensurkapriolen: Diesmal trifft es einen Karikaturisten, der für seine Animationen den renommierten Pulitzer-Preis gewann
Nein, das geht nicht: „Inhalte, die Personen des öffentlichen Lebens lächerlich machen.“ Es mag durch grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit gedeckt sein, auch Grundlage und Kennzeichen einer funktionierenden Demokratie. Es ist untrennbar verbunden mit Satire und Karikaturen. Aber das alles gilt nicht mehr, wenn es um Apples App Store geht und Anwendungen, die an willkürlichen Prüfern vorbei müssen, wie es die von Steve Jobs etablierte Kontrollkultur verlangt. Einseitige und schwammige Vertragsbedingungen für die Entwickler geben den Zensoren die Befugnis, auch über Inhalte zu entscheiden, wenn sie ihnen denn als „anstößig“ erscheinen.
Iphone und iPad müssen sauber bleiben nach den Hausregeln von Apple. Immer abenteuerlicher erscheint, dass sich Konzernlenker von der deutschen Axel Springer AG bis zu Medienmogul Rupert Murdoch ausgerechnet von Apple-Hardware die Rettung der von ihnen verlegten Zeitungen und Zeitschriften erhoffen. Haben sie wirklich übersehen, dass eine so geschlossene Veranstaltung und Pressefreiheit nicht zu vereinbaren sind?
Mit dem Karikaturisten Mark Fiore trifft es auch noch einen, der große Stücke von Apple hält: „Ich habe eine Schwäche für Apple und mir gefällt, was sie getan haben. Ich hatte bei ihnen auch immer das Gefühl, dass sie zu denen gehören müssten, die politische Karikaturen unterstützen. Für mich ist das mehr als nur eine Überraschung.“
In dieser Woche machte Fiore Geschichte, indem er als erster Online-Journalist einen Pulitzer-Preis gewann für seine Animationen, die er für SFGate gestaltete, die Website des San Francisco Chronicle. (Und ja, Flash-Animationen, noch ein rotes Tuch für Steve Jobs.) Nach seinen weiteren Plänen befragt, erklärte Mark Fiore, so etwas wolle er gerne auch für mobile Geräte gestalten wie iPad, iPhone oder Produkte, die nicht von Apple kommen.
So kam sein Problem mit Apple erst heraus. Am 21. Dezember hatte er den ablehnenden Bescheid von Apple für seine NewsToons erhalten. Sie war fast wortgleich mit früheren Ablehnungen, wie sie zum Beispiel der renommierte Karikaturist Tom Richmond erhielt, der als einer der besten Illustratoren von Mad Magazine zum „Karikaturisten des Jahres“ gewählt wurde:
„Wir haben NewsToons begutachtet und entschieden, dass wir diese Version Ihrer Iphone-Anwendung nicht im App Store veröffentlichen können, weil sie Inhalte enthält, die Personen des öffentlichen Lebens lächerlich machen, und damit Abschnitt 3.3.14 der Lizenzvereinbarung für Iphone-Entwickler verletzt. Anwendungen können abgelehnt werden, wenn sie Inhalte oder Materialien jeglicher Art enthalten (Text, Grafik, Bilder, Fotografien, Töne etc.), die nach Apples begründeter Einschätzung zu beanstanden sind wie beispielsweise Materialien, die als obszön, pornographisch oder verleumderisch betrachtet werden können.“
Fiores Bekanntheitsgrad und sein Pulitzer-Preis werden voraussichtlich dafür sorgen, dass Apple wie bei einigen anderen Zensurfällen einen Rückzieher macht – wenn sich eine breitere Öffentlichkeit dafür interessiert. Es ändert nichts an der täglichen Zensurpraxis, wie sich wieder und wieder beweist.
Die von Apple ausgeübte Zensur mag nicht illegal sein, und es ist keine staatlich verordnete Zensur. Aber wer gibt diesem Unternehmen eigentlich das Recht, Entwickler, Mediengestalter und die eigenen Kunden so zu bevormunden? Und mehr noch, warum lassen sie es sich gefallen?
Doch gerne sehen wollen, was Apple auf iPhone und iPad vorenthalten wollte? Dann nichts wie rüber zu den Animationen, wie sie Apple nicht gefallen.
Screenshot: Mark Fiore
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