E-Books: Verlage in Piraten-Panik
Von Bernd Kling am 13. März 2009
Sie hatten die Chance, aus den Fehlern der Musikindustrie zu lernen. Doch die Ära des digitalen Buchs trifft sie wie ein Hammerschlag.
Von einer „Zukunftsstrategie“ wagt Alexander Skipis, Geschäftsführer beim Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, zu reden. Erstens wolle man das „Piraterieproblem mit einem umfassenden legalen Angebot bereits im Keim angehen“. Und ja, man sehe in elektronischen Lesegeräten und -inhalten „auch eine große Chance“.
Auch eine Chance. Aber mehr Problem als Chance, denn die Literaturverkäufer wollen offenbar der gescheiterten Musikindustrie nacheifern und setzen auf die Kriminalisierung der Nutzer. Ausgerechnet zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse stieß der oberste Verleger-Vertreter eine wilde Drohung nach der anderen aus, rief nach scharfer Strafverfolgung und Netzsperre durch die Provider:
„Wir werden künftig alle rechtlichen Mittel, die uns zur Verfügung stehen, in aller Schärfe ausnutzen, um gegen die illegalen Machenschaften im Web vorzugehen.“
„Wir werden in aller Schärfe gegen den illegalen Download, gegen den Diebstahl im Internet vorgehen … und die Gerichte mit Tausenden von Verfahren beschäftigen.“
„Die Politik zwingt uns zu diesem Schritt … Sie neigt zur Bagatellisierung dieses organisierten Verbrechens.“
„Provider verweigern sich der Zusammenarbeit, die Politik handelt nicht.“
Internet-Nutzer, die diese hochgeistige Schutztruppe für Straftäter hält, sollen durch „den Auskunftsanspruch auf den konkreten Namen des illegalen Down- oder Uploaders“ ermittelt werden. Die derzeitige Rechtslage in Deutschland zwinge zu diesem Vorgehen. Das Stehlen von geistigem Eigentum sei kein Schülerstreich, sondern „ein ausgewachsenes Verbrechen“.
Eigentlich wolle man gar nicht so böse sein und lieber auf „ein abgestuftes Warnsystem nach französischem Vorbild setzen“. Das zielt offenbar auf die gewünschte Vollstreckung der Verlagsinteressen durch die Internet-Provider. Die Bundesregierung möge bitte die Internet-Service-Provider mit einer Kooperationsaufforderung nachdrücklich zum Handeln bewegen. Besonderer Wunsch der Verlagslobbyisten: Sperrung des Internetzugangs für einen bestimmten Zeitraum.
Hochgeschätzte Buchverleger, willkommen im digitalen Zeitalter. Wir sind übrigens schon mitten drin.
(bk)
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