Google Books ohne deutsche Bücher

Von am 16. November 2009 1 Kommentar 

<em>Kanzelt gegen Google Books: Angela Merkel</em>

Kanzelt gegen Google Books: Angela Merkel

Kanzlerin Merkel muss die deutsche Literatur nicht mehr gegen das Einscannen durch Google verteidigen und kann sich wieder wichtigeren Themen widmen. Die neue Vereinbarung für Google Books lässt deutsche Bücher ganz einfach außen vor. Sind jetzt alle zufrieden?

Das Abkommen, das zwischen Google einerseits sowie Autoren- und Verlegerverbänden andererseits geschlossen wurde, stieß in viele rechtlich ungeklärte Bereiche. Das war einerseits zurückzuführen auf Versäumnisse der Gesetzgeber, andererseits auf die ganz unterschiedlichen Rechtsgrundlagen in den verschiedenen Ländern, da Urheberrecht eben nicht mit Copyright gleichzusetzen ist. Frühere Digitalisierungsinitiativen, zum Beispiel von Bibliotheken, waren aus diesen und anderen Gründen kläglich gescheitert.

Google preschte einfach vor, digitalisierte Bibliotheksbestände und brachte damit etwas in Bewegung, was schon lange überfällig war, doch zuvor in keinem Land der Welt ernsthaft versucht wurde. Besonders großes Wehklagen brach bei den eher am Rande betroffenen deutschen Autoren- und Verlegerverbänden aus wie auch bei der Verwertungsgesellschaft VG Wort (deren Geschäftsgrundlage unter anderem darin besteht, PC-Käufern unauffällig in die Taschen zu greifen, indem sie mit gesetzlicher Rückendeckung Abgaben auf DVD-Brenner, MP3-Player und selbst DVD-Rohlinge erhebt).

Eine Vielzahl von Interessenvertretern sah zu Recht oder Unrecht eigene Interessen bedroht. Ihre Lobbys brachten Angela Merkel als oberste Interessenvertreterin auf Kurs. Sie fand noch inmitten einer schwierigen Regierungsbildung Zeit zu lautstarken Absichtserklärungen, deutsche Autoren vor Google in Schutz nehmen zu wollen.

Die vielleicht gar nicht alle vor der digitalen Wiedergabe und damit verbundenen Einnahmen geschützt werden wollten. Was sollten zum Beispiel Georg Seeßlen und ich dagegen haben, wenn unser Buch „Unterhaltung – Lexikon zur populären Kultur“ (nach einer zweibändigen Ausgabe, Taschenbuchausgabe bei Rowohlt sowie einer einbändigen Sonderausgabe, alle längst vergriffen) bei Google Books wieder auftauchte, erneut Leser fände und vielleicht sogar ein paar Dollar einbrächte? Hätte ich definitiv nicht, entgegen den lauten Parolen der Verbandssprecher.

Das Google Book Settlement, das nach einigen Änderungen von einem US-Bundesrichter abgesegnet wurde, beschränkt den Geltungsbereich der Vereinbarung auf Bücher, deren Copyright in USA, Kanada, Großbritannien und Australien angemeldet wurde. Damit sind nur noch deutschsprachige Bücher betroffen, die zur Copyright-Wahrung eigens in einem dieser Länder registriert wurden oder dort erschienen sind. Abzurufen sind auch diese Titel nur innerhalb der USA.

Eine weitere wichtige Änderung ist eine Treuhand-Verwaltung für „verwaiste Bücher“, deren Rechteinhaber nicht ermittelt werden konnten. Sie nimmt die Einnahmen für diese Bücher entgegen (die Formel lautet weiterhin 63 Prozent für die Autoren, 37 Prozent für Google) und bewahrt sie zunächst fünf Jahre auf. Danach dürfen die Mittel teilweise für die Suche nach den Rechteinhabern und schließlich für literarische Einrichtungen sowie gemeinnützige Stiftungen verwendet werden, die Autoren und Lesern zugute kommen.

Die übrigen Änderungen des Google Book Pact erscheinen ähnlich sinnvoll, nicht aber der Wegfall deutschsprachiger Bücher. Autoren, die sich einzeln mit Google einigen wollen, müssen sogar mit weniger guten Konditionen rechnen.

„Licht und Schatten“ erkennt scharfsichtig Gottfried Honnefelder, Vorsteher (die ganz offizielle Rangbezeichnung) des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und zieht seine Lesebrille heraus: „Wir werden in den nächsten Wochen die Details des neuen Entwurfs prüfen und dann entscheiden, ob wir uns erneut an den zuständigen Richter in New York wenden werden.“

Unsere Interessenvertreter haben uns vermutlich keinen Gefallen getan. Die deutsche Verlagslobby hat sich selbst ins Knie geschossen, verzichtet gerne auf ein Format der digitalen Zukunft, das auch zahlreiche deutschsprachige Bücher für die Leser hätte bewahren können. Und wer möchte schon glauben, dass in absehbarer Zeit ähnliche Projekte in Europa realisiert werden?

(bk)

Zum Thema bei TecZilla:

Buchhändler Google

E-Books: Verlage in Piraten-Panik

Burda: Google enteignet die Verlage

Zum Thema im Web:

Irights

Buchreport

Google Buchsuche-Vergleich

Abbildung: World Economic Forum / CC

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Kommentare

Eine Stellungnahme zu “Google Books ohne deutsche Bücher”
  1. Ellen sagt:

    Hallo, wenn ihr Werk “Unterhaltung – Lexikon zur populären Kultur” vergriffen ist, dann kann Google es auch nach dem Amended Settlement digitalisieren und in Google Book aufnehmen, weil das vom Börsenverein stark kritisierte Grundprinzip, dass Google als vergriffen eingestufte Bücher in den USA ohne Zustimmung von Autor bzw. Verlag nutzen darf, im Amended Settlement nicht aufgegeben wurde. Ihre Bedenken sind richtig, Sie selbst jedoch (zumindest im Hinblick auf vergriffene Werke) nicht betroffen. Viele Grüße