Google macht konform
Von Bernd Kling am 7. März 2009
Pesonalchefs googeln lüstern nach pikanten Bildern ihrer Bewerber. Und Jobsuchende bereuen, dass sie vor Jahren noch den Mut zu kritischen Äußerungen hatten.
Beim Radiozappen heute morgen zufällig in eine Sendung reingehört zum Thema Google & Internetsicherheit. In der zweistündigen Sendung „Radiofeuilleton – Im Gespräch“ bei Deutschlandradio Kultur. Mal ein aktuelles Thema anlässlich der Cebit. Die Autoren Jörg Schieb und Gerald Reischl („Die Google-Falle“ mit panikmachender Intro) ließen sich Hörerfragen stellen und versuchten sie zu beantworten.
Die Rede war von Personalchefs, die gerne bekennen, all ihre Bewerber zu googeln und sie gar nicht erst zum Bewerbungsgespräch kommen zu lassen, sollten sie auf Bilder stoßen, die ihnen nicht zusagen. Wie etwa aus dem jugendlichen Partyleben der Jobsuchenden. Als Interviewpartner durfte in der Sendung dann noch einer seine Dienste als „Datenwachschutz“ anbieten, der angeblich weiß, wie man diese Zeugnisse der Vergangenheit wieder verschwinden lassen kann.
Ein Anrufer berichtete von einer Publikation, an der er offenbar mitwirkt. Sie hatte in gedruckter Form – es wurde später zusätzlich online gestellt – über die kirchenkritische Haltung engagierter junger Katholiken berichtet. Ins Jobalter gekommen, sahen diese sich damit konfrontiert, dass inzwischen auch die Kirchenoberen googeln. Sie hätten daher Probleme bei der Anstellung im kirchlichen Bereich bekommen und baten die Publikation dringend, den Onlline-Text zu entfernen.
„Aus Gründen der Fairness“, um den einst mutigen Kirchenkritikern nicht zu schaden, nahm die Publikation den Artikel aus dem Netz. Doch blieb offenbar ein ungutes Gefühl zurück über diese Form freiwilliger Zensur, denn der Anrufer wollte gerne wissen, wie andere mit so etwas umgehen.
Jörg Schieb, der die Frage beantworten sollte, verstand sie gar nicht erst. Und erzählte ganz allgemein was über die Schwierigkeiten, etwas online Veröffentlichtes zu löschen.
Es ist auch nur ein weiteres, vielleicht eher kleines Beispiel dafür, was die Information an den Fingerspitzen bedeuten kann, wenn sie von den falschen Leuten genutzt wird und auch noch ganz falsch. Nicht Google ist böse, jedenfalls nicht in diesem Beispiel. Die Suchmaschine hilft nur bei der gezielten Suche nach Informationen, auch wenn diese mehr oder weniger lange zurückliegen.
Während Gedrucktes im Papierkorb oder Archiv landet, sich Radio und Fernsehen versenden, sind Informationen mit wenig Mühe online aufspürbar, solange sie noch hier oder da oder dort gespeichert sind. Das erzeugt Konformitätsdruck, keine Frage. Wer sich aber den Mut zur eigenen Meinung nehmen lässt, hat bald gar keine mehr und gibt noch viel mehr preis.
Die Informationstechnologie reißt ein Stück Privatsphäre weg, und nicht nur, weil manche den „Freunden“ bei Facebook bereitwillig zu viel von sich preisgeben. Das Problem entsteht durch den Umgang mit diesen Informationen, wenn sie bei Leuten ankommen, für die sie nicht relevant sein sollten. Personalchefs müssen sich lockern und die Partybilder ignorieren, weil ihnen sonst die besten Mitarbeiter entgehen könnten. Und dürfen wir hoffen, dass sich eines Tages auch die Kirchenoberen – nachdem sie schon das Googeln gelernt haben – weniger engstirnig zeigen bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter?
(bk)
Screenshot: Googlefalle.com