iPad rettet Axel Springer nicht
Von Bernd Kling am 26. Januar 2011
„Alle haben zu beten und Steve Jobs zu danken, dass er dieses Gerät geschaffen und damit sehr wahrscheinlich die ganze Journalismusbranche gerettet hat.“
So formulierte Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner im April 2010 seine Träume von Apples Medientablet iPad als Heilsbringer für das auslaufende Printgewerbe. Aus guten Gründen legt er inzwischen großen Wert darauf, das irgendwie ironisch gemeint zu haben. Schon im August 2009 hatte er jedoch auf die immer gerne zahlungsbereiten iPhone-Nutzer abgehoben: „Wir werden den Markt nicht über Nacht verändern, aber die Zahlungsbereitschaft ist gerade bei Mobilfunkkunden, insbesondere bei Besitzern des iPhones, groß.“
Die Stunde der Wahrheit für die lautstark propagierten Bezahlinhalte ist gekommen. Für das vierte Quartal 2010 meldete der Konzern erstmals konkrete Zahlen auch für seine elektronischen Publikationen an die neutrale Werbeträgerkontrolle IVW. Überrascht es jemanden außer Döpfner, dass die elektronische Bildzeitung – unter anderem angeboten über Springers iPad-Anwendung iKiosk – in diesem Quartal nur auf 785 zahlende Abonnenten kam?
Auch die gesamten Verkäufe der papierlosen BILD blieben mit 18.786 Exemplaren weit von den gewohnten Millionenauflagen entfernt. Und selbst diese Zahl relativiert sich noch drastisch, da 17.983 zu niedrigen Probierpreisen unter „Sonstiger Verkauf“ liefen.
Die übrigen Springer-Publikationen blieben noch weit darunter. Autobild erreichte nur 544 ePaper-Abonnenten, Welt und Welt kompakt nur 383, Computer Bild 322, Sport Bild 202. Das Schlusslicht gibt Bild am Sonntag mit 160 Abonnenten.
Ernüchternde Erfahrungen mit iPad-Apps in den USA
Nicht mitgezählt bei den an die IVW gemeldeten Zahlen sind Bild und Welt als „HD-Apps“ für das iPad, die multimedial erweitert über eine reine ePaper-Umsetzung der gedruckten Ausgaben hinausgehen. Traumhafte Verkaufszahlen sind aber auch hier nicht anzunehmen, zumal die für das iPad aufbereitete Bildzeitung für die Leser teurer kommt als eine gedruckte Ausgabe.
Die US-Verleger gingen schon früher an den Start und machten damit ernüchternde Erfahrungen. Sie mussten für ihre iPad-Apps nach anfänglichen Erfolgen inzwischen wieder drastisch sinkende Verkaufszahlen melden. Selbst die ambitioniert entwickelte und mit großen Erwartungen gestartete iPad-Ausgabe von Wired fiel von 100.000 digitalen Startausgaben auf nur noch rund 20.000 zurück. Die Apps bekannter Zeitschriften wie Glamour und Men’s Health bewegen sich in Regionen von nur noch gut 2.000 Verkäufen.
Und jetzt einfach nochmal beten?
Abbildung: Johann H. Addicks / GNU (Axel-Springer-Hochhaus, Berlin)
(zuerst veröffentlicht in TecZilla)