Leistungsschutzrecht: Organisierter Angriff auf die Informationsfreiheit
Von Bernd Kling am 8. Mai 2010 1 Kommentar
Die Katze ist aus dem Sack: Gesetzentwurf deutscher Presseverleger durchgesickert
Es geht um Geld, noch mehr Geld und „Ausschließlichkeit“, wie der enthüllte Gesetzesvorschlag für ein Leistungsschutzrecht der deutschen Presseverleger verrät. Das Papier (PDF) enthält zugleich die Position der Gewerkschaften DJV und ver.di, die nur bescheidene Änderungswünsche anzumelden haben. Auch sie erwarten keine neuen gewinnbringenden Geschäftsmodelle der Verlage mehr, sondern sehen sich mit diesen durch das Internet bedroht:
„Der Versuch der Verlage, mit elektronischen Ausgaben neben der gedruckten Ausgabe Einnahmen zu generieren, ist bislang nicht erfolgreich und dürfte bei unveränderten rechtlichen Rahmenbedingungen auch nur zu eher bescheidenen Erfolgen führen. Die weit verbreitete Mentalität, im Netz müsse möglichst alles gratis sein, sowie die systematische sekundäre Verwertung von Angeboten im Internet durch Dritte stehen dem entgegen.“
Der Koalititionsvertrag der schwarz-gelben Regierungskoalititon sieht bereits das von den Verlegern geforderte Leistungsschutzrecht vor. Die Lobbys der Interessenvertreter schrieben sich dazu das Wunschgesetz, freie Journalisten hingegen sehen ihre Befürchtungen bestätigt.
Zu Recht, denn die Verleger wollen ihre Rechte als Urheber durch eine kleine Gesetzesänderung nach Gutsherrenart aushebeln: Schon allein durch die Aufnahme in ein Presseerzeugnis erwirbt „der Presseverleger im Zweifel ein ausschließliches und übertragbares Nutzungsrecht zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken“ – und das gleich 50 Jahre lang.
Den Interessen der Öffentlichkeit läuft der Gesetzentwurf ebenso zuwider wie denen der Urheber. Noch eine Verwertungsgesellschaft soll her und mit gesetzlicher Rückendeckung abkassieren dürfen, obwohl es schon mehrere gibt, die gemeinsam die Hand aufhalten für jeden verkauften PC. Selbst ein Tablet wie Apples iPad verteuert sich dadurch bereits um 15 Euro, die es in Deutschland mehr kostet als etwa in Frankreich oder Italien.
Die Verleger möchten unter anderem die Lizenz, um am Arbeitsplatz zusätzlich kassieren zu dürfen, wenn ein Text an einem Computer gelesen wird und sich daher vorübergehend im Cache des Webbrowsers befindet: „Vervielfältigung im Sinne von Satz 1 ist auch die Vervielfältigung auf einem Gerät, die zu einer nicht von der Zustimmung des Presseverleger erfassten Darstellung auf dem Bildschirm erstellt wird.“
Der absurde Gesetzesvorschlag wurde bei iRights.info zusammen mit einer ausführlichen Analyse veröffentlicht. Demnach zielen die Wunschgesetze der Verleger, wie schon nach den lautstarken Drohungen aus den Konzernzentralen zu vermuten, insbesondere auf Internet-Suchmaschinen und Newsaggregatoren wie Google News. Schon das Anzeigen kleinster Textschnipsel in Suchmaschinen könnte eine strafbare Urheberrechtsverletzung bedeuten:
„Man kann nur hoffen, dass sich Google, Microsoft, Yahoo! und Frank Westphal (der Betreiber von Rivva) alsbald nach Verabschiedung dieses Gesetzes mit der Verwertungsgesellschaft einigen, um die Online-Suchmaschinen wieder in Betrieb nehmen zu können.“
Die Analyse geht weiter von einem Monopol auf einzelne Worte und Sätze aus sowie einem „Monopol gegenüber Bloggern“. Die zahllosen weiteren Absurditäten im Kleingedruckten führen zum Fazit der Analyse:
„Würde der Gesetzgeber diesen Forderungen Folge leisten, würde das unweigerlich zu einer nie da gewesenen Rechtsverwirrung führen und die Berichterstattung und Informationsvermittlung sowie -beschaffung in einer Weise beeinträchtigen, die bislang nur in Ansätzen absehbar ist. Die Entwürfe machen mehr als deutlich, dass die vielfältigen Kollateralschäden mit gesetzlichen Formulierungen nicht vermieden werden können. Sie sind vielmehr eine Folge der Idee des Leistungsschutzrechts für Presseverleger selbst.“
Abbildung: DRB62 / CC
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